Wir schreiben das erste Augustwochenende, und ich sitze alleine vor meinem PC. Nun ja, immerhin ist es ein Laptop und ich halte mich im Garten auf, aber das ändert nichts daran, dass sich diese Tage wie ein erneuter Tiefpunkt in meinem Leben anfühlen. Einer von vielen in einer Zeit, in der ich nicht dachte, dass überhaupt noch viel Luft nach unten sei.
Die ungefähr drei Menschen, die mich wirklich gut kennen, wissen, dass das erste Wochenende im August seit mehr als 10 Jahren immer mein persönliches Jahreshighlight war. Lughnasadh. Castlefest. Mit Ausnahme der verfluchten Corona-Zeit war ich immer dabei. Und dieses Jahr bin ich es erstmalig nicht. Weil es finanziell mit Bürgergeld eine kaum zu stämmende Aufgabe gewesen wäre. Weil sich offensichtlich aller außer meiner Interessen geändert haben. Vielleicht sogar, weil ich beim letzen Wicker-Ritual einen Schwur gemacht habe, den ich bislang nicht einlösen konnte. Wer weiß. Es spielt nicht einmal eine wirkliche Rolle. Das einzige, was zählt ist, dass ich nicht da bin, und dass es mich sehr runterzieht. Meine Freundin, mit der ich immer dort war, hat sich eine andere Beschäftigung für das Wochenende gesucht, und ich bin mal wieder alleine zurückgeblieben. Ein Gefühl, das mir langsam nur zu vertraut geworden ist.
Vielleicht wäre ich weniger negativ, wenn irgendwas in meinem Leben glatt liefe. Aber offen gestanden: seit Corona geht alles nur bergab. Ich habe in der Vergangenheit bereits darüber geschrieben, wie sehr mich die Einschränkungen in dieser Zeit belastet haben, aber das war leider nicht alles. Der schlimmste Schlag war vermutlich, dass ich in dieser Zeit meinen Job verloren habe. Meinen ersten richtigen Job, um genau zu sein. Aber nicht einfach so, nein: was wäre eine Kündigung, ohne zuvor Monate lang von der Chefin der Firma gemobbt zu werden? Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich an diese Zeit zurückdenken muss, und obwohl mir innerlich vollkommen klar ist, dass ich machtlos war und man mich einfach nur loswerden wollte, hat diese Angelegenheit Spuren hinterlassen. Wie umgehen mit dem kompletten Verlust an Selbstbewusstsein? Was sagen, wenn man beim Vorstellungsgespräch auf das fehlende Arbeitszeugnis angesprochen wird? (Das, welches ich mir nach Jahren auf Wunsch der Arbeitsagentur habe ausstellen lassen, ist nichts als Karriereselbstmord. Falls jemand mal ein Beispiel für ein Arbeitszeugnis braucht, das haarscharf an der Grenze dessen liegt, für was man eine Firma als ehemaliger Arbeitnehmer verklagen kann - ich hätte da was).
Jedenfalls ist es mir seitdem nicht mehr gelungen, irgendwo beruflich Fuß zu fassen. Mein Nischenstudium passt nirgendwo in die freie Wirtschaft, und mir fehlt praktische Erfahrung. Natürlich interessiert es niemanden, dass man ohne Arbeit nicht an Erfahrung kommt. Und die größte Ironie meiner Situation: suche ich dann nach Arbeiten für Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse, werde ich auch nicht genommen - weil überqualifiziert. Selbst die Mitarbeiter beim Jobcenter, die wirklich ihr bestes geben, sind ratlos, wohin man mich vermitteln könnte.
Und weil zum Buckel natürlich auch ein Klumpfuß gehört, läuft es auch privat nicht wirklich besser. Nein, es ist keine Freude, mit Mitte 30 wieder in seinem Kinderzimmer zu wohnen, genauso wenig, wie jeden Cent viermal umzudrehen. Doch was am schlimmsten ist, ist der soziale Aspekt. Manchmal habe ich nicht das Geld, etwas mit Freunden zu unternehmen, manchmal habe ich aber auch einfach nicht die Energie. Meine engsten Freunde wohnen zudem am anderen Ende des Bundeslandes - mal eben treffen ist da also eh nicht. Umso härter hat es mich getroffen, dass meine beste Freundin aus Schulzeiten mich nach und nach aus ihrem Leben "aussortiert" hat. Sie hat jetzt Familie, ich bin kein Kindermensch, und meine Interessen kommen ihr meiner Meinung nach schon lange albern und unerheblich vor, während ich nicht viel zu den Problemen von Kindergartenkindern beizutragen habe. Man hat sich auseinandergelebt. Tut es deswegen weniger weh? Keineswegs.
Warum erzähle ich das alles? Nun, weil ich es einfach mal loswerden wollte. Und weil es vielleicht auch ein bisschen erklärt, warum dieser Blog schon so lange strauchelt. Weil er von meinem Leben erzählt, und weil auch ich strauchele. Das heißt jedoch nicht, dass ich diesen Blog aufgebe, ganz im Gegenteil. Schreiben ist für mich therapeutisch, es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und meine Gefühle zu verarbeiten. In den vergangenen drei Jahren habe ich dies jedoch hauptsächlich durch Fiktion getan (meinen ao3 Namen nehme ich jedoch mit ins Grab). Motivation für den Blog zu finden war oft nicht leicht, zumal der Backlog an Beiträgen wuchs und wuchs. Darum habe ich mich jetzt auch dazu entschlossen, eine Art Zäsur zu machen. In den ab jetzt folgenden Beiträgen werde ich Erlebnisse aus dem Hier und Jetzt abhandeln. Was die noch fehlenden Beiträge zu vergangenen Abenteuern betrifft, werde ich diese nach Lust und Laune nach und nach einpflegen und in die Zeit, in die sie gehören, zurückdatieren. Lange habe ich das herausgezögert, weil es sich ein bisschen wie Cheaten anfühlt, aber dann habe ich mir gedacht: was wäre das für ein bescheuerter Cheat? Einer, bei der man sich (bezüglich Klickzahlen) selbst ins Bein schießt? Und sind wir mal ehrlich: neben gelegentlicher Reviews war das hier immer vor allen Dingen ein persönlicher Blog, wie eine Art Online-Tagebuch. Und so soll es auch bleiben - was juckt es mich also folglich, ob diese Entscheidung für den 'Erfolg' Sinn macht?
Soll ich euch was sagen? Das zu schreiben hat tatsächlich schon geholfen, und darum werde ich nun den Laptop beiseite legen und versuchen, das Beste aus diesem traurigen Wochenende zu machen. Für morgen habe ich einen Ausflug geplant. Alleine. Nichts Großes im Grunde, aber für mich doch eine große Sache. Ich werde berichten.
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