Für den letzten Halt unseres Museumstages auf Bygdøy mussten wir nur die Straßenseite wechseln, denn unser Ziel lag quasi direkt neben dem Frammuseum. Inhaltlich blieben wir auch nah am Thema, denn auch das letzte Museum des Tages erzählte von Schiffahrt und Forschergeist, führte uns inhaltlich aber in ganz andere Regionen der Welt.
Die Rede ist vom Kon-Tiki Museum, welches sich ganz dem abenteuerlichen Leben Thor Heyerdahls widmet. Der 1914 in Larvik geborene Heyerdahl machte Zeit seines Lebens immer wieder mit spektakulären Expeditionen auf sich aufmerksam. Die wohl bekannteste, weil auch mehrfach verfilmte, war sicherlich die Kon-Tiki-Expedition. Heyerdahl und sein Team machten sich dafür auf nach Peru, wo sie ein Floß aus Balsa-Holz bauten und sich mit diesem auf den Weg nach Polynesien machten. Durch die experimentalarchäologische Expedition konnte bewiesen werden, dass eine Besiedelung Polynesiens von Südamerika aus technisch möglich gewesen wäre. Weitere Expeditionen führten ihn in die verschiedensten Teile der Welt, unter anderem auf die Osterinseln oder nach Afrika. Viele seiner Erlebnisse hielt er in Büchern für die Nachwelt fest.
Von außen eher unscheinbar: das Kon-Tiki Museum
Im Kon-Tiki Museum werden Leben und Werk Thor Heyerdahls dann aber richtig plastisch greifbar. Herzstücke der Sammlung sind das Original-Floß Kon-Tiki sowie das restaurierte Papyrusboot Ra II, mit dem Heyerdahl 1970 von Marokko aus nach Barbados segelte. Doch auch zahlreiche Objekte, die der Forscher von seinen Expeditionen mitgebracht hatte, werden hier ausgestellt, Texte und Fotos berichten von seinen Reisen.
Die Kon-Tiki in ganzer Pracht
Mich persönlich hat der Besuch im Kon-Tiki Museum sehr beeindruckt. Natürlich war mir der Name Thor Heyerdahl bekannt, auch von der Kon-Tiki-Expedition hatte ich schon gehört. Das Ausmaß der Bedeutung dieses Forschungsreisenden war mir dabei aber nie so richtig bewusst geworden. Damit meine ich nicht nur seine teils innovativen Forschungsmethoden, welche die Fachwelt immer wieder forderten und alte Theorien auf den Kopf stellten. Vielmehr hat es mich fasziniert, wie aktuell und relevant manche seiner Erkenntnisse noch heute scheinen. So arbeitete er bereits auf den beiden Ra-Expeditionen, in den 70er Jahren, mit der UNO zusammen und dokumentierte die Meeresverschmutzung. Und bereits aus dem Buch zu seiner ersten Expedition, "Fatu Hiva", auf deutsch 1974 erschienen, geht hervor, wie sehr ihn die Entfremdung des Menschen von der Natur beunruhigte. Lebhaft in Erinnerung geblieben ist mir außerdem ein Foto, welches zeigt, wie sich Heyerdahl und seine Mannschaft von der auf dem Wasser verbrennenden Tigris verabschieden: die Fahrt des Bootes endete 1978 vorzeitig am Horn von Afrika, da eine Weiterfahrt aufgrund des Ogadenkrieges zwischen Äthiopien und Somalia nicht möglich war. Aus Protest gegen die, wie sie es in einem Brief an den Generalsekretär der Vereinten Nationen ausdrückten, "Unmenschlichkeit der Welt von 1978" verbrannte die internationale Mannschaft das Boot und lenkte damit das internationale Interesse auf die Situation in dieser Krisenregion.
Es gibt viel zu entdecken im Kon-Tiki Museum
Bei all diesen positiven Eindrücken, die man bei einem Besuch im Kon-Tiki-Museum gewinnt, ignoriert das Museum jedoch auch nicht die kritischen Punkte in der Arbeit Thor Heyerdahls. So stand er immer wieder im Konflikt mit der Wissenschaft, die ihn oft ebenso wenig ernst nahm wie er sie. Auch sein Umgang mit den Einheimischen der Regionen, die er im Rahmen seiner Expeditionen besuchte, wird als nicht immer so feinfühlig beschrieben, wie es vielleicht angemessen gewesen wäre - was diesen Punkt angeht, war er dann vielleicht doch ganz ein Kind seiner Zeit.
Als würde er jeden Moment aufstehen: Thor Heyerdahl als Wachsfigur im Museum
Alles in allem hat der Besuch im Kon-Tiki Museum bei mir jedenfalls dazu geführt, dass ich Thor Heyerdahl als faszinierende und inspirierende Persönlichkeit erfahren durfte, welche sich weit über den üblichen wissenschaftlichen Tellerand hinaus und sehr vorausblickend mit den Belangen dieser Welt beschäftigt hat. Besonders überrascht war ich dabei davon, wie aktuell ihn sein Interesse für den Umweltschutz auch noch in der heutigen Zeit macht. In mir hat der Museumsbesuch den Wunsch geweckt, mich weiter mit dem Leben dieses Menschen zu beschäftigen, was ich momentan mit dem Lesen seiner Bücher tue, die größtenteils immerhin antiquarisch noch gut zu erhalten sind. Was mehr als eine solche Inspiration kann man von einem Museumsbesuch erwarten?
Unsere große Museumstour endete mit dem etwa einstündigen Besuch des Kon-Tiki Museums, für den Besuch des nebenan gelegenen Norsk Maritimt Museums blieb leider keine Zeit mehr. Inspiriert von so viel unterschiedlicher Schifffahrtsgeschichte nahmen wir für den Rückweg die Fähre zurück ins Zentrum Oslos. Genau wie sämtliche Museumseintritte und der Bus war auch diese im Oslo-Pass einbegriffen. Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten, fühlte sich aber dennoch an wie eine nette, kleine Hafenrundfahrt. So ging unser erster ganzer Tag in Oslo zu Ende.
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