Samstag, 27. Dezember 2025

Another One Bites The Dust - Gacha EOS in 2025

Ich hatte ja bereits angekündigt, dass Videospiele, und in besonderem Maße auch die nicht ganz unkontroversen Gacha-Games, in den vergangenen Jahren immer mehr in meinen persönlichen Fokus gerückt sind und ich darum auch gerne beginnen wollte, etwas über diese zu schreiben. Jahresabschlüsse sind für sowas natürlich immer ein schöner Anlass, und dennoch habe ich mich dazu entschlossen, mit einem weniger feierlichen Thema zu beginnen - nämlich mit den Spielen, die das Jahr nicht überlebt haben und die eine Lücke in meinem kleinen Spielerherzen zurücklassen werden.

Gacha Games gibt es mittlerweile wie Sand am Meer, und jeden Monat erscheinen neue. Bei so viel Konkurrenz ist es selbstverständlich, dass nicht alle überleben können. Mich selbst hat es in diesem Jahr dreimal getroffen, dass Spiele, die ich gerne mochte, ihre EOS-Notiz erhalten haben. Einmal habe ich schon hinter mir, die beiden weiteren stehen kurz bevor.

Aber schauen wir uns die betroffenen Titel doch einmal genauer an:

1. The Tale Of Food

 

Im chinesischen Mobile-Game "The Tale of Food" spielte man den jungen Master of Kongsang, dessen Aufgabe es war, die in aller Welt verstreuten Food Souls zu finden und zurück nach Hause zu bringen. Die Food Souls waren dabei traditionelle chinesische Gerichte in Menschenform. Auf die Reise durch das Spiel begab man sich in klassischen 2D Side-Scroll Levels, in denen sich rundenbasierte Kämpfe mit kleinen Storyteilen abwechselten. Außerdem gab es regelmäßig Events zu neuen limitierten Figuren mit zusätzlichen Stories und vielseitigen Minispielen. Die englische Version wurde am 20. März diesen Jahres nach knapp zwei Jahren offline genommen und überlebte damit überraschenderweise die meisten asiatischen Server. Jetzt gibt es meines Wissens nach nur noch einen taiwanesischen Server, der aber die englische Sprachvariante nicht übernommen hat, was das Spiel für mich unspielbar macht.

Obwohl meine Beziehung zu "The Tale of Food" nicht ganz frei von Kritik war, habe ich das Spiel doch während seiner zweijährigen Existenz lange regelmäßig und gerne gespielt. Da war zum einen das wunderschöne Design des Spiels, welches einen in eine klassische chinesische Fantasiewelt entführte, die auch noch durch einen sehr ansprechenden Soundtrack ergänzt wurde. Die Story fand ich in ihrer Kreativität ebenfalls sehr ansprechend. Die Food Souls, die ja chinesischen Gerichten nachempfunden waren, hatten stets Attribute, die zu ihren jeweiligen Gerichten passten. Waren sie scharf, hatten sie auch ein feuriges Temperament, entstammten sie der gehobenen Küche, hatten sie auch einen entsprechend gebildeten Charakter - ihr versteht das Prinzip. Da uns im Westen viele dieser Gerichte fremd sind, war es auch sehr hilfreich und interessant, dass es zu allen Rezepten im Spiel weitere Informationen gab.

Ein absoluter Pluspunkt für mich war auch, dass es eines der wenigen reinen Husbando-Games war, und dabei kein Otome-Game. Natürlich gab es jede Menge Möglichkeiten zum shippen, wobei einem die Möglichkeit, sowohl als männlicher als auch als weiblicher MC die ultimative Freiheit gab, aber für mich funktionierte es wirklich nach dem Prinzip 'Alles kann, nichts muss'. Ebenfalls ein Highlight war die absolut nicht selbstverständliche Tatsache, dass das Spiel über eine englische Synchronisation verfügte. Ich erinnere mich noch gut, dass die Ankündigung von Sean Chiplock als Teil des Casts am Anfang sogar einer der Hauptgründe für mich war, das Spiel auszuprobieren. Der von ihm gesprochene Charakter Yipin Pot war es dann auch, der bis zum bitteren Ende meinen Startbildschirm zierte.

Nun aber zum etwas kritischeren Teil. Obwohl Gacha-Games dafür bekannt sind, Spieler mit langen Grinds zu quälen, gibt es dabei doch mittlerweile große Unterschiede, und "The Tale of Food" war dabei für mich immer auf der wirklich harten und qualvollen Seite. Das Leveln der Charaktere war extrem langwierig, teuer und mühsam, ein Vorankommen in der Story oft ohne Figuren mit spezifischen Attributen unmöglich. Selbst die täglichen Login-Boni machten schnell deutlich, dass das Spiel versuchte, einen möglichst lange zu binden: die volle Belohnung gab es nur für all jene, die tatsächlich über eine Stunde im Spiel verbrachten. Quality-of-Life Features wie eine Sweep-Funktion gab es kaum. Das Spiel erforderte damit eine zeitliche Hingabe, wie man sie sonst nur noch von älteren oder japanischen Titeln kennt.

Die EOS-Ankündigung kam dann am Ende auch nicht wirklich überraschend, traurig gemacht hat sie mich aber dennoch. "The Tale of Food" war ein wirklich schönes Spiel mit einem im Genre bis heute seltenen Fokus auf weibliche Spieler, konnte sich im Endeffekt aber nicht durchsetzen. Für mich persönlich bereue ich am meisten, dass ich die Hauptstory nicht bis zum Ende (bzw. bis zu ihrem letzten Stand) spielen konnte, weil ich die Level irgendwann nicht mehr schaffen konnte. Es ist ein Spiel, welches ich auch Monate später noch manchmal vermisse.

2. Black Beacon

 

Das Release von "Black Beacon" in diesem Jahr hätte eines der Highlights im Gacha-Genre werden können, sollen und müssen, und doch stehen wir nun hier und warten auf die Abschaltung der Server am 31. Dezember.

Das Spiel bewirbt sich selbst als Mythic SciFi Action RPG und überzeugt mit einer fesselnden Story und ansprechender Grafik. Als Spieler ist man der Seer, dessen Vergangenheit ein Rätsel ist und der auf der Suche nach Antworten in die Wüste kommt und bald den Turm von Babel mit seiner geheimnisvollen Bibliothek betritt. Diese ist ein rätselhafter Ort, in dem Zeit und Raum nicht den üblichen Gesetzen zu gehorchen scheinen und den es zu untersuchen gilt. 

Und ganz ehrlich: ich habe dieses Spiel und dieses Setting geliebt. Hier treffen alte Mythen und Legenden auf eine spannende Zeitreise-Story, und die Welt ist ebenso ansprechend wie die Story und die Charaktere, die man auf dem Weg trifft. Cutscenes und Illustrationen sind durchgehend wunderschön, und wieder gibt es eine englische Synchronisation mit Top-Voice Actors wie Joshua Waters, was kann man also mehr wollen?

Nun, vielleicht einen Publisher, der es sich nicht so heftig, sinnlos und vollkommen blödsinnig mit dem globalen Markt verscherzt. Von Anfang an gab es um die globale Version des Spiels nichts als Drama. Chinesische Spieler erhielten bessere Belohnungen als westliche, bei Updates fehlten plötzlich Übersetzungen, ein angekündigter PC-Client blieb bis zum Ende aus, während das Starten des Spiels mit gängigen Emulatoren unterbunden wurde. Ein Desaster von vorne bis hinten, gewürzt mit einer großen Prise fehlender Kommunikation, und hier sind wir nun: die chinesische Version wird fortgeführt während die globale ihrem Ende entgegen sieht. Danke für Nichts, würde ich da einmal sagen. 

Doch so sehr ich mich jetzt auch ärgere (und so sehr ich der grässlichen Steuerung über Google Play Games am PC keine Träne nachweinen werden), so genau weiß ich doch, dass ich Charaktere wie meinen geliebten Ji Xia und Li Chi vermissen werde. Und was wird aus der Hoffnung, dass Sarvis und Rubicon doch eines Tages noch spielbar werden, wo sie doch viel zu interessant und gut gestaltet sind, um als schnöde NPCs zu enden? Muss ich etwa doch noch ein Word-Dokument öffnen und mein eigenes Erinnerungs-Fanfic über die beiden schreiben? Das Ganze ist doch wirklich zu traurig und hoffentlich ein abschreckendes Beispiel für alle Spiele, die da noch kommen.

3. Noctilucent: Before Dawn

 

Ebenfalls kaum länger als ein Jahr hat sich das Yaoi-Spiel "Noctilucent: Before Dawn" gehalten, welches wie sein ungleich bekannterer großer Bruder Nu:Carnival über EroLabs vertrieben wurde.

Auch hier haben wir wieder einen 2D Side-Scroller mit rundenbasierten Kämpfen und Stories im Visual Novel Style. In dem Spiel geht es um den jungen Anli, der beschützt mit seiner Großmutter in einem abgelegenen Dorf lebt. Als diese plötzlich verschwindet, lässt er sein geborgenes Leben zurück, um mehr über den Vorfall und auch sich selbst herauszufinden. Auf seiner Reise trifft er auf verschiedene Verbündete, kommt aber auch in Kontakt mit einer merkwürdigen Krankheit, die er unerklärlicherweise durch seine körperliche Nähe lindern kann.

Ich gebe zu, dass ich gar nicht verstehe, warum "Noctilucent: Before Dawn" von Anfang an nur so kleine Wellen in der Szene geschlagen hat. Das Spiel ist niedlich gestaltet, hat Spice (mit einem +18 Rating habt ihr dieses Spiel zu keinem Zeitpunkt im normalen App-Store gefunden) und ansprechende Charaktere und ein Entwickler-Team hinter sich, welches ganz offensichtlich hinter seinem Produkt steht. Trotzdem wurde kurz nach der Feier zum ersten Geburtstag EOS angekündigt, welcher nun kurz bevor steht. Gerade am Anfang gab es ein paar technische Probleme mit regelmäßigen Abstürzen, aber das ist wirklich nichts außergewöhnliches und das Spiel war zu keinem Zeitpunkt unspielbar. Trotzdem schien es am Ende viele nicht von sich überzeugen zu können.

Doch im Gegensatz zu den beiden vorher behandelten Spielen gibt es bei "Noctilucent: Before Dawn" gleich mehrere Lichtpunkte am Horizont. Zunächst einmal beeinhaltet das letzte, erst vor wenigen Tagen erschienene Kapitel, einen Abschluss für die Story. Und pünktlich zu Weihnachten wurde es dann sogar noch besser: eine Offline-Version ist in der Mache! Was kann es Schöneres geben als zu sehen, dass auch noch ein scheinbar abgeschriebenes Spiel so viel Liebe erfährt?

 ***

Neben diesen drei Spielen, deren Verlust ich in diesem Jahr beklage, möchte ich hier noch kurz drei weitere (mehr oder weniger) "Honorable Mentions" nennen, die ich in diesem Jahr angespielt hatte, aber schon vor ihrem Ende aufgegeben hatte. 

Da wäre zum einen "Velvet React", welches nach nicht einmal einem Jahr eingestellt wurde. Auch hier handelte es sich wieder um einen nicht jugendfreien Titel, welcher über EroLabs zur Verfügung gestellt wurde, den ich tatsächlich aber nur wenige Wochen angespielt hatte.

Nichts an diesem Spiel konnte mich überzeugen: die Story war absurd, die Charaktere nicht ansprechend. Optisch sah das Spiel schon zum Release veraltet aus, es stürzte ständig ab und die Drop Rates für neue Figuren waren fürchterlich. 

Ganz ehrlich: ich bin immer offen für neue Yaoi-Spiele, aber dieses Exemplar habe ich als so lieblos empfunden, dass ich es nach kurzer Zeit ohne jegliche Reue wieder deinstalliert habe. Dass die Entwickler offensichtlich weder Ahnung von noch Interesse an ihrem eigenen Genre hatten, zeigten sie dann ja auch eindrücklich, als sie sich noch die letzten Sympathien verspielten, indem sie die Charaktere miteinander statt mit dem MC... nun ja... verkehren ließen. ;)

Und dann wäre da noch "Re:Memento White Shadow", das Musterbeispiel dafür, dass Werbung in der heutigen Zeit eben doch alles ist. Das koreanische Open World Game, welches sich durch seine rundenbasierten Kämpfe von der Genre-Konkurrenz abhob, hatten sein Soft Release Ende Mai und schloss ziemlich exakt sechs Monate später seine Pforten.

Was genau in dieser Zeit in den Köpfen der Entwickler vorging, erschloss sich mir aber leider nicht. Das Spiel erschien komplett ohne Werbung oder Ankündigung. Und dabei rede ich gar nicht nur von bezahlten Anzeigen oder ähnlichem. Die globalen Social Media Seiten wurden nicht gepflegt, Content Creator wurden nicht angesprochen, nichts. Die Spieler selbst sollten es durch ihr Engagement richten. Nur leider wussten die so größtenteils gar nichts von dem Spiel. Die Gewinne blieben aus, man versuchte sein Glück mit dem Release von typischen Gooner-Skins. Auch das funktionierte nicht. 

Als dann die EOS-Ankündigung (mit Aussicht auf ein späteres Re-Release) kam, war ich schon längst raus. Die PC-Version hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seit Monaten einen Bug, welcher das Login verhinderte, sofern man seinen PC nicht auf Englisch umstellte. Wäre zwar technisch kein Problem gewesen, war mir aber einfach den Aufwand nicht wert. Wenn ein Spiel sich über so einen langen Zeitraum nicht einmal die Mühe macht, einen solch lächerlichen Fehler zu beheben oder auch nur anzusprechen, respektiert es mich als Spieler offensichtlich nicht besonders. Zumal "Re:Memento White Shadow" auch inhaltlich offenbar größere Ambitionen hatte, als es umsetzen konnte. Die Open World war zwar weitläufig, aber auch ziemlich leer und eintönig, und die Story war auch nicht übermäßig kreativ. Das Schlimmste aber war die KI-generierte deutsche Sprachversion, die Bezüge und Geschlechter nicht richtig zuordnen konnte und mich so immer wieder unfreiwillig zum Lachen brachte.

Ganz ehrlich: sollte es das angekündigte Re-Release tatsächlich geben, weiß ich nicht, ob ich dabei sein muss.

Zu guter Letzt möchte ich dann auch noch über den irgendwie tragischsten Fall reden, nämlich über ein Spiel, welches ich noch nicht einmal spielen konnte: Gui Long Chao.

 

Alles an diesem Spiel sah einfach so vielversprechend aus. Die Charaktere, die Artworks, die Trailer - nur dass es dann leider das Zeitliche segnete, eh es überhaupt auf den globalen Markt kam. Ich bedaure es wirklich, dass ich so nicht einmal die Möglichkeit bekommen habe, mir selbst ein Bild zu machen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn du auf meinem Blog kommentierst, werden die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.