Mittwoch, 14. August 2024

Zurück zu den Anfängen - das Anno 1238 in Telgte

Mittelaltermärkte sind in meinem persönlichen Jahr leider lange nicht mehr so dicht gesät wie noch in vor-Corona Zeiten, doch umso mehr hat es mich gefreut, dass am vergangenen Wochenende ein Ausflug zu einer für mich ganz besonderen Location anstand.

Diejenigen von uns, die sich schon länger in der Szene tummeln, werden mit dem Namen des kleinen, westfälischen Städtchens Telgte vertraut sein. Ich habe dort (damals noch unter anderem Veranstalter) vor über fünfzehn Jahren mein erstes Faun-Konzert erlebt und viele Winter lang Wind und Wetter vor kleinen Bretterbühnen getrotzt. Entsprechend traurig war ich, als die Location um die Planwiese zu Telgte nach und nach aufgegeben wurde - und umso erfreuter, dass andere Veranstalter sie dann wieder für sich entdeckten.


Am vergangenen Wochenende war es dann also tatsächlich wieder so weit und mit dem Anno 1238 hielt das Mittelalter Einzug - und ich durfte am Sonntag mit dabei sein.

Und was soll ich sagen: es war ein herrlicher Tag! Eine Orientierung auf dem Gelände war nicht schwer, denn der Aufbau erinnerte an alte Zeiten, wobei jedoch besonders positiv auffiel, dass das Verhältnis von Ständen und Platz äußerst angemessen war. Es gab viel zu sehen, doch nirgendwo drängelten sich die Aufbauten so dicht an dicht, dass es zu Engstellen gekommen wäre. Auch dem Heerlager-Bereich wurde ausreichend Platz eingeräumt, was zu einer entspannten Atmosphäre führte, die einen gerne dort entlang schlendern ließ.


Das Programm konnte sich ebenfalls sehen lassen. Musikalisch waren mein persönliches Highlight Kupfergold, die mit ihren lebhaften Melodien und den gewitzten Texten das Publikum zu begeistern wissen, wo immer sie aufschlagen. Doch auch für Fans klassischer Marktmusik war dank der Spielleute Comes Vagantes gesorgt. Wer es fantastischer mochte, war bei Seinerzeit gut aufgehoben, und wer seinen Ohren bei einem Gang über das Gelände folgte, der konnte dort mit Glück auf das Duo Fjorden treffen.


Doch auch abseits der Musik wurde natürlich einiges geboten. Neben einem breiten kulinarischen Angebot konnte sich der geneigte Gast beispielsweise im Axtwerfen versuchen oder der Hitze des Wochenendes mit einem Besuch im Badezuber entkommen. Wem die Füße schwer wurden, den lockte ein gemütlich eingerichtetes Shisha-Zelt, oder aber er konnte eine Runde mit der von drei Pferden gezogenen Postkutsche machen.


 Auch für die jungen Besucher war gesorgt. Ein Handkarrussel, Kinder-Ritterturniere und die Auftritte zahlreicher Gaukler sorgten dafür, dass keine Langeweile aufkommen konnte, und kulinarisch fantasievoll angepasste Erfrischungen wie Frostwasser (der moderne Mensch neigt dazu, es Slush-Eis zu nennen) verhinderten, dass irgendwer, egal welchen Alters, bei knapp 30° C zur Diva werden musste.


So verlebte ich also, wie auch viele andere an diesem wunderschönen, sonnigen Sonntag, einen überaus unterhaltsamen und spannenden Tag auf dem Anno 1238 in Telgte. Da ich mittlerweile nicht mehr in der Nähe lebe und mir eine lange Heimfahrt bevorstand, hieß es leider gefühlt viel zu früh wieder Abschied nehmen. Ich hoffe jedoch sehr, dass dies nicht mein letzter Besuch auf diesem absolut sehenswerten Mittelaltermarkt gewesen sein wird!

Donnerstag, 8. August 2024

Kleine Rituale - Die Frauensteine im Aaper Wald


Ich erzählte es ja bereits: in diesem Jahr gab es für mich, neben so einiger anderer Einschränkungen, kein Castlefest. Da mir dieses Wochenende mit all seiner Bedeutung und seinen Ritualen aber wichtig ist, habe ich mich auf die Suche nach einer Alternative begeben. Ein kleiner Ausflug sollte es werden, der dem Anlass - dem Lughnasadh-Fest - würdig ist. Gefunden habe ich mein Ziel im Aaper Wald in Düsseldorf

  

 
Eher Mittags als Morgens - kurzfristiger Personalausfall bei der Bahn sei Dank - machte ich mich am Sonntag also auf den Weg zum Düsseldorfer Hauptbahnhof, und von dort aus ging es weiter mit der S-Bahn nach Rath-Mitte. Zwar hätte es auch Haltestellen näher am Wald gegeben, doch wegen Bauarbeiten war das alles etwas umständlich, sodass ich mich lieber für einen kleinen zusätzlichen Spaziergang durch die Stadt entschieden habe. 

 

Nach etwa einer Viertelsstunde erreichte ich dann den Aaper Wald. Zunächst schien es, als wäre es mir dort ein wenig zu lebhaft - der Wald begrüßte mich mit einem gut besuchten Spielplatz, doch schon nach wenigen Minuten laufen war ich so gut wie allein und eine angenehme Stille kehrte ein. 

Der Weg zu den Frauensteinen war auch schnell gefunden. Zunächst war ich dort nicht allein. Zwei Mütter machten mit ihren Kindern ein Picknick und zwei Fahrradtouristen genossen ihre Pause. Nach etwa einer Stunde waren dann jedoch alle fort, und ich konnte den Ort ganz für mich allein entdecken. 

 

Sehr schnell wurde mir klar: die Frauensteine waren der perfekte Ort für mich an diesem Wochenende. Auf dem Stamm eines alten Baumes hatten Besucher eine kleine Opferstelle errichtet. Blumen, Nüsse, Walderdbeeren - verschiedenste Kleinigkeiten wurden dargebracht, und auch ich habe mich gefreut, meinen kleinen Teil beizutragen.

 

Den Ort in der Stille des menschenleeren Waldes erkunden zu dürfen hat mich wirklich glücklich gemacht. Wer die Steine näher betrachtet, kann überall kleine eingeritze Botschaften entdecken. Namen, Runen, Bilder. Und auch der allgemeine Ausblick von der Lichtung aus war sehr ansprechend. 

Neben der Lichtung fand sich auch eine kleine Info-Tafel, auf der man sich ein wenig über die Geschichte der Steine informieren konnte. Interessanter als die Auskunft über das Material (Zementquarzit, für die Geologen unter uns) waren für mich die Geschichten, die sich um den Ort ranken. Ein Opferplatz soll es gewesen sein, in germanischer oder noch früherer Zeit, oder alternativ soll es sich bei den Steinen auch um Frauen handeln, die als Strafe in Stein verwandelt wurden. Natürlich handelt es sich bei allen Geschichten um Sagen und Mythen, archäölogische Funde über eine konkrete Nutzung des Platzes in der Vergangenheit gibt es nicht. Da ich persönlich aber gegen die konsequente Entzauberung der Welt bin, gefällt mir der Gedanke, dass ein solch besonderer Platz früher sicher auch besonders betrachtet und genutzt wurde, jedoch sehr gut. ;)

 

Als es schließlich um die Steine herum wieder lebhafter wurde, entschied ich mich für den Rückweg. Auch hier hatte die Bahn wieder entschieden, dass heute ein guter Tag für Leben in vollen Zügen sei, und dass so eine einstündige Fahrt doch viel schöner ist, wenn sie gleich zweieinhalb Stunden dauert. Grund? Man ahnt es: kurzfristiger Personalausfall, plus massive Verspätung des einzigen Ausweichzuges, die keineswegs, niemals nicht, daher rührte, dass in dem vollkommen überfüllten Zug nur eine von drei Türen funktionierte, wodurch bei jedem neuen Halt weitere fünf Minuten hinzukamen, was den Anschluss unerreichbar machte.

Sei es drum, als Mensch ohne Auto kenne ich es ja gar nicht anders (wobei mich trotzdem das seltsame Gefühl beschleicht, dass es in jüngster Zeit immer schlimmer wird. Oder ich werde im Alter einfach ungeduldiger, wer weiß). Am Ende war ich sehr froh, endlich zu Hause zu sein und den Abend ohne viel zu viele Menschen um mich herum mit einem leckeren Milchtee ausklingen lassen zu können. 

Doch obwohl die deutsche Bahn den Ausflug für mich weitaus anstrengender gemacht hat, als er hätte sein sollen, bereue ich es nicht, ihn gemacht zu haben. Der Gedanke, das ganze Wochenende traurig allein zu Hause zu verbringen und darüber nachzugrübeln, was hätte sein können (und sollen!), war unerträglich, und die Frauensteine haben sich für mich als wirklich tröstlicher Ort herausgestellt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das nicht mein einziger Besuch dprt gewesen sein wird.

Samstag, 3. August 2024

Reflexion

Wir schreiben das erste Augustwochenende, und ich sitze alleine vor meinem PC. Nun ja, immerhin ist es ein Laptop und ich halte mich im Garten auf, aber das ändert nichts daran, dass sich diese Tage wie ein erneuter Tiefpunkt in meinem Leben anfühlen. Einer von vielen in einer Zeit, in der ich nicht dachte, dass überhaupt noch viel Luft nach unten sei.

Die ungefähr drei Menschen, die mich wirklich gut kennen, wissen, dass das erste Wochenende im August seit mehr als 10 Jahren immer mein persönliches Jahreshighlight war. Lughnasadh. Castlefest. Mit Ausnahme der verfluchten Corona-Zeit war ich immer dabei. Und dieses Jahr bin ich es erstmalig nicht. Weil es finanziell mit Bürgergeld eine kaum zu stämmende Aufgabe gewesen wäre. Weil sich offensichtlich aller außer meiner Interessen geändert haben. Vielleicht sogar, weil ich beim letzen Wicker-Ritual einen Schwur gemacht habe, den ich bislang nicht einlösen konnte. Wer weiß. Es spielt nicht einmal eine wirkliche Rolle. Das einzige, was zählt ist, dass ich nicht da bin, und dass es mich sehr runterzieht. Meine Freundin, mit der ich immer dort war, hat sich eine andere Beschäftigung für das Wochenende gesucht, und ich bin mal wieder alleine zurückgeblieben. Ein Gefühl, das mir langsam nur zu vertraut geworden ist.

Vielleicht wäre ich weniger negativ, wenn irgendwas in meinem Leben glatt liefe. Aber offen gestanden: seit Corona geht alles nur bergab. Ich habe in der Vergangenheit bereits darüber geschrieben, wie sehr mich die Einschränkungen in dieser Zeit belastet haben, aber das war leider nicht alles. Der schlimmste Schlag war vermutlich, dass ich in dieser Zeit meinen Job verloren habe. Meinen ersten richtigen Job, um genau zu sein. Aber nicht einfach so, nein: was wäre eine Kündigung, ohne zuvor Monate lang von der Chefin der Firma gemobbt zu werden? Noch heute kommen mir die Tränen, wenn ich an diese Zeit zurückdenken muss, und obwohl mir innerlich vollkommen klar ist, dass ich machtlos war und man mich einfach nur loswerden wollte, hat diese Angelegenheit Spuren hinterlassen. Wie umgehen mit dem kompletten Verlust an Selbstbewusstsein? Was sagen, wenn man beim Vorstellungsgespräch auf das fehlende Arbeitszeugnis angesprochen wird? (Das, welches ich mir nach Jahren auf Wunsch der Arbeitsagentur habe ausstellen lassen, ist nichts als Karriereselbstmord. Falls jemand mal ein Beispiel für ein Arbeitszeugnis braucht, das haarscharf an der Grenze dessen liegt, für was man eine Firma als ehemaliger Arbeitnehmer verklagen kann - ich hätte da was). 

Jedenfalls ist es mir seitdem nicht mehr gelungen, irgendwo beruflich Fuß zu fassen. Mein Nischenstudium passt nirgendwo in die freie Wirtschaft, und mir fehlt praktische Erfahrung. Natürlich interessiert es niemanden, dass man ohne Arbeit nicht an Erfahrung kommt. Und die größte Ironie meiner Situation: suche ich dann nach Arbeiten für Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse, werde ich auch nicht genommen - weil überqualifiziert. Selbst die Mitarbeiter beim Jobcenter, die wirklich ihr bestes geben, sind ratlos, wohin man mich vermitteln könnte. 

Und weil zum Buckel natürlich auch ein Klumpfuß gehört, läuft es auch privat nicht wirklich besser. Nein, es ist keine Freude, mit Mitte 30 wieder in seinem Kinderzimmer zu wohnen, genauso wenig, wie jeden Cent viermal umzudrehen. Doch was am schlimmsten ist, ist der soziale Aspekt. Manchmal habe ich nicht das Geld, etwas mit Freunden zu unternehmen, manchmal habe ich aber auch einfach nicht die Energie. Meine engsten Freunde wohnen zudem am anderen Ende des Bundeslandes - mal eben treffen ist da also eh nicht. Umso härter hat es mich getroffen, dass meine beste Freundin aus Schulzeiten mich nach und nach aus ihrem Leben "aussortiert" hat. Sie hat jetzt Familie, ich bin kein Kindermensch, und meine Interessen kommen ihr meiner Meinung nach schon lange albern und unerheblich vor, während ich nicht viel zu den Problemen von Kindergartenkindern beizutragen habe. Man hat sich auseinandergelebt. Tut es deswegen weniger weh? Keineswegs.

Warum erzähle ich das alles? Nun, weil ich es einfach mal loswerden wollte. Und weil es vielleicht auch ein bisschen erklärt, warum dieser Blog schon so lange strauchelt. Weil er von meinem Leben erzählt, und weil auch ich strauchele. Das heißt jedoch nicht, dass ich diesen Blog aufgebe, ganz im Gegenteil. Schreiben ist für mich therapeutisch, es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen und meine Gefühle zu verarbeiten. In den vergangenen drei Jahren habe ich dies jedoch hauptsächlich durch Fiktion getan (meinen ao3 Namen nehme ich jedoch mit ins Grab). Motivation für den Blog zu finden war oft nicht leicht, zumal der Backlog an Beiträgen wuchs und wuchs. Darum habe ich mich jetzt auch dazu entschlossen, eine Art Zäsur zu machen. In den ab jetzt folgenden Beiträgen werde ich Erlebnisse aus dem Hier und Jetzt abhandeln. Was die noch fehlenden Beiträge zu vergangenen Abenteuern betrifft, werde ich diese nach Lust und Laune nach und nach einpflegen und in die Zeit, in die sie gehören, zurückdatieren. Lange habe ich das herausgezögert, weil es sich ein bisschen wie Cheaten anfühlt, aber dann habe ich mir gedacht: was wäre das für ein bescheuerter Cheat? Einer, bei der man sich (bezüglich Klickzahlen) selbst ins Bein schießt? Und sind wir mal ehrlich: neben gelegentlicher Reviews war das hier immer vor allen Dingen ein persönlicher Blog, wie eine Art Online-Tagebuch. Und so soll es auch bleiben - was juckt es mich also folglich, ob diese Entscheidung für den 'Erfolg' Sinn macht?

Soll ich euch was sagen? Das zu schreiben hat tatsächlich schon geholfen, und darum werde ich nun den Laptop beiseite legen und versuchen, das Beste aus diesem traurigen Wochenende zu machen. Für morgen habe ich einen Ausflug geplant. Alleine. Nichts Großes im Grunde, aber für mich doch eine große Sache. Ich werde berichten.