Autor: Else Ury
Titel: Nästhäkchen und ihre Puppen
Erschienen: 1910er Jahre
Titel: Nästhäkchen und ihre Puppen
Erschienen: 1910er Jahre
Heute möchte ich einmal einen Klassiker der deutschen Kinderliteratur vorstellen, nämlich den ersten Band von Else Urys zehnbändiger "Nästhäkchen"-Reihe.
Das Buch ist im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts erschienen und
heute wohl wie die gesamte Reihe nur noch in stark editierter Ausgabe
erhältlich, bei der unter anderem die Sprache an eine modernere
Leserschaft angepasst wurde. Bei dieser Rezension hier beziehe ich mich
aber nicht auf diese überarbeitete Ausgabe, da meine Version des Buchs
aus dem 1920er Jahren stammt.
In "Nästhäkchen und ihre Puppen" lernt der Leser die
kleine Annemarie Braun, von ihren Eltern liebevoll Lotte gerufen,
kennen. Sie lebt zusammen mit ihren Eltern, den zwei großen Brüdern
Klaus und Hans, Kindermädchen und anderem Hauspersonal in Berlin in der
Nähe des Tiergartens.
Zu Beginn der Geschichte ist das kleine Mädchen sechs Jahre alt und
hält ihr Umfeld ganz schön auf Trab mit ihrer quirligen Art und ihren
drolligen Einfällen. Ihre Tage verbringt sie meist damit, mit ihrem
Fräulein im Tiergarten Spazieren zu gehen und eine treusorgende
Puppenmutter zu sein. Erst später kommt sie auch ab und zu mal raus, als
sie mit ihrem Bruder Klaus zu Verwandten in die Ferien fährt oder als
sie in den Kindergarten kommt, weil man sie zu Hause so gar nicht mehr
zu beschäftigen weiß.
Es handelt sich bei "Nästhäkchen und ihre Puppen" um ein
klassiches Kinderbuch für kleine Mädchen mit vielen kleinen Episoden aus
dem normalen Leben. Große Abenteuer sucht man hier (wie im normalen
Leben) eher vergebens. Trotzdem fängt man schnell an, das kleine
Nästhäkchen mit seiner manchmal ungewollt frechen Art liebzugewinnen und
freut sich darauf, ihren eher idyllischen Alltag weiterzuverfolgen.
Obwohl das Buch nun schon hundert Jahre "auf dem Buckel" hat, habe
ich die Sprache an keiner Stelle als schwer verständlich empfunden.
Vielmehr vertrete ich die Ansicht, dass eine sprachliche Überarbeitung
dem Buch nur an Charme rauben kann. - Die "Nästhäkchen"-Reihe lässt sich
schon rein inhaltlich nicht in die heutige Zeit übertragen (welches
kleine Mädchen lebt schon heute noch dauerhaft mit seinem Kindermädchen
in einem Zimmer?), warum sollte man es da also bei der Sprache
versuchen? In der ursprünglichen Version wirkt das Buch herrlich
nostalgisch und macht das Lesen so zu einer Freude für alle, die wie ich
Kinderbuchklassiker gerade deswegen lieben, weil sie in Zeiten längst
vergangener Kindheiten entführen.
Ich jedenfalls hatte große Freude an "Nästhäkchen und ihre Puppen" und habe sofort im Anschluss mit großer Vorfreude den zweiten Band der Reihe, "Nästhäkchens erstes Schuljahr"
hervorgeholt, weil ich so gerne wissen wollte, wie es in Lottes Leben
weitergeht. Wer also irgendwo eine alte Ausgabe eines der
Nesthäkchen-Bücher in die Finger kriegt und nostalgische Kinderbücher
mag, sollte unbedingt einmal einen Blick riskieren. Es lohnt sich.
Meine Bewertung:
♥♥♥♥
[4/5]
[4/5]
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