Wer mich kennt, weiß: Sprachen spielen eine bedeutende Rolle in meinem Leben. In der Schule habe ich das mäßig große Angebot genutzt und Englisch, Französisch sowie Latein gelernt und auch im Studium war von Anfang an alles auf Sprachen ausgelegt. Dort habe ich über die Jahre Erfahrungen in den meisten skandinavischen Sprachen und in Finnisch sowie in Niederländisch und Japanisch gesammelt.
Sieht man mal von Englisch und Niederländisch ab, sind das alles Sprachen, die ich in meinem Alltag in Deutschland eher selten benutzen kann. Dass meine Kenntnisse deswegen stagnieren, ja sogar einrosten, hat mich in der letzten Zeit extrem gewurmt und ich habe nach Wegen gesucht, wie ich etwas an dieser Situation ändern könnte. Dabei bin ich immer wieder auf den Namen
Duolingo gestoßen.
Schnell war für mich klar: das muss ich ausprobieren!
Was ist Duolingo?
Duolingo ist eine kostenlose Webseite zum Lernen verschiedener Sprachen. Für deutschsprachige Lernende ist die Auswahl der Sprachen derzeit auf nur drei - Englisch, Französisch und Spanisch - begrenzt. Verfügt man über gute Englischkenntnisse, eröffnen sich einem jedoch gleich ganz andere Möglichkeiten. Dann hat man die Wahl aus folgenden Sprachen: Deutsch (lässt sich wunderbar als umgedrehter Englischkurs verwenden), Spanisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Niederländisch, Schwedisch, Dänisch, Norwegisch, Polnisch, Türkisch sowie Irisch. Walisisch, Russisch, Esperanto und Ukrainisch sind in einer Betaphase verfügbar und Koreanisch, Indonesisch, Ungarisch, Griechisch, Tschechisch, Hebräisch, Rumänisch, Swahili und Hindi werden nach und nach hinzukommen. Wer es ganz exotisch mag: auch ein Klingonischkurs ist geplant. Da neue Kurse mithilfe der Benutzer erstellt werden, wird sich die Liste der verfügbaren Sprachen wohl konstant erweitern.
Wie funktioniert es?
Zunächst einmal muss man sich anmelden, wofür Duolingo glücklicherweise nur wenige Daten von einem verlangt. Wer statt der Webseite oder zusätzlich zu dieser auch auf seinem Smartphone lernen will, wird in seinem App-Store fündig.
Als nächstes belegt man den oder die Kurse seiner Wahl, wobei man so viele belegen kann, wie man möchte. Und schon kann das Lernen beginnen. Wer eine ganz neue Sprache beginnt, muss natürlich auch am Anfang anfangen. Doch auch für Lernende mit Vorkenntnissen ist bei Duolingo gut gesorgt. Man kann sich nämlich mit einem etwa fünfminütigen Test einstufen lassen und muss dann nicht die für die eigenen Fähigkeiten zu einfachen ersten Lektionen durcharbeiten.
Die Sprachkurse bei Duolingo gliedern sich in kleine Themenblöcke mit meist mehreren Kapiteln. Floskeln werden ebenso vermittelt wie Vokabeln aus verschiedenen Themenbereichen. Es gibt in jeder Lektion Übungen verschiedener Art: Mal muss man in die neue Sprache übersetzen, mal aus ihr in die Kurssprache. Auch Hörverständnisübungen gibt es und - wenn man ein Mikrophon sein Eigen nennt - Ausspracheübungen. Um weiterzukommen muss man jedes Kapitel mindestens einmal abarbeiten. Wiederholen kann man, so oft man möchte. Außerdem gibt es Übungen zum Stärken schwacher Vokabeln.
Schließt man ein Kapitel erfolgreich ab, wird man mit Erfahrungspunkten belohnt, die einen irgendwann auf ein neues Level bringen. Schließt man einen ganzen Themenbereich ab oder erreicht ein höheres Level, erhält man so genannte Lingots, mit denen man im duolingo-eigenen Lingot Store Gimmicks wie Zusatzlektionen erwerben kann. Außerdem lässt sich ein tägliches Lernziel festlegen, für dessen Erreichen man ebenfalls belohnt wird.
Auch Freunde kann man bei Duolingo finden und sich mit ihnen in einer Rangliste vergleichen.
Webseite vs. App:
Wie bereits erwähnt, kann man Duolingo mit seinem Computer über die Webseite benutzen oder über die App. Ich nutze beide Möglichkeiten, bevorzuge jedoch klar die Webseite. Hier sind die Übungen anspruchsvoller, man muss oft ganze Sätze in der zu lernenden Sprache bilden, während einem die App (zumindest die Version für Windows Phones) meist Bausteine vorgibt, aus denen man die Sätze zusammenbasteln kann. Die App nutze ich darum eher für kurze Wiederholungen am Abend, wenn ich keine Lust mehr habe, mich hinter meinen PC zu setzen. Ich betrachte sie eher als Ergänzung des Webseiten-Angebots.
Was ich an Duolingo mag:
Obwohl Duolingo sehr beliebt ist und laut Aussage der Betreiber mittlerweile über 100 Millionen Benutzer hat, hagelt es auch immer wieder Kritik. Es sei alles nur Spielerei dort, man lerne nur verstümmelte Bruchstücke einer Sprache. Möglicherweise kommt es aber auch einfach auf die eigenen Erwartungen an, ob man sich mit Duolingo anfreunden kann oder nicht.
Ich benutze Duolingo im Wesentlichen, um meine Kenntnisse in Sprachen, die ich schon zu einem gewissen Grad beherrsche, frisch zu halten und um mein Vokabular aufzubessern. Dafür funktioniert die Seite für mich perfekt.
Das klare, moderne Design sorgt dafür, dass man sich auf Duolingo schnell zurecht findet und sich gerne dort aufhält. Das Motivationssystem empfinde ich als überaus effektiv. Durch das Messen der Sprachkenntnisse in Levels und Erfahrungspunkten komme ich mir immer ein wenig wie ein Pokémontrainer vor, der seine Monster für den nächsten großen Arenakampf trainiert. Das mag albern sein und eine im Grund überflüssige Spielerei, aber für mich ist nicht von der Hand zu weisen, dass es mich unglaublich motiviert.
Mir gefällt es auch sehr gut, dass das Thema Grammatik auf einem möglichst niedrigen Level gehalten wird. Zwar gibt es in den einzelnen Themenbereichen kurze Ausführungen zu grammtikalischen Fragestellungen, aber vieles erschließt sich einem auch einfach, während man die Übungen macht. Für mich, die ich nicht zu den Grammatik-Fetischisten zähle und lieber durch praktische Anwendung lerne, ein Segen. Steht man andererseits einmal verwirrt im Raum und weiß nicht weiter, hilft einem die Community: Zu jeder Aufgabe gibt es eine Diskussionsrunde, in der man Fragen und Probleme ansprechen kann.
Wie gut man bei Duolingo eine Sprache komplett neu erlernen kann, teste ich derzeit anhand des Irischkurses. Bisher bin ich mit meinen Erfolgen durchaus zufrieden und fest entschlossen, den Kurs bis zum Ende zu machen um zu sehen, wo ich dann stehe. Ich erwarte jedoch nicht, dass der Kurs einen richtigen Sprachkurs mit Lehrer ersetzen kann, vielmehr soll er mir einen Einstieg in diese für mich völlig neue Sprache sowie die ebenfalls neue Sprachfamilie geben.
Kritik?
Man sieht also: ich zähle zu den Leuten, die Duolingo wirklich positiv einschätzen. Das einzige, was mich manchmal entnervt aufstöhnen lässt, ist die Sache mit den Rechtschreib-/Tippfehlern. Zu einem gewissen Maß toleriert Duolingo solche Fehler zwar, aber oft genug musste ich Aufgaben deswegen auch schon wiederholen. Insbesondere bei Tests, wo man nur eine gewisse Anzahl an Versuchen hat, kann das schon mal zum unnötigen Scheitern führen. Auf meinem Smartphone brauche ich mich deswegen an einigen Aufgaben gar nicht erst versuchen: durch die dort - zumindest bei der von mir verwendeten App für Windows Phones - fehlenden, für die jeweilige Sprache nötigen Sonderzeichen, wird ein Erfolg manchmal unmöglich. Bedenkt man, was Duolingo sonst alles so kann, ist das jedoch nur ein winziger Kritikpunkt.
Oft kritisiert werden auch die teilweise wirklich ziemlich sinnfreien Sätze, die man zur Übung übersetzen soll. Diese Kritik ist nicht von der Hand zu weisen. "Die Bären trinken Milch" ist vermutlich ein Satz, den ich im Dänischen nie brauchen werde. Andererseits vermittelt er mir trotzdem wichtige Informationen zum Satzbau sowie brauchbare Vokabeln. Und in seiner Sinnlosigkeit fiele es schwer, sich seine Bedeutung mit einem gefährlichen Halbwissen der dänischen Sprache herzuleiten. Insofern sind selbst solche Sätze streng genommen wohl keine ganz so schlechte Übung.
Fazit:
Ich habe mit Duolingo genau das gefunden, was ich gesucht habe: eine Möglichkeit, meine Sprachkenntnisse täglich in einem motivierenden Umfeld zu stärken, und das in einem von mir selbst festgelegten Zeitumfang. Vielleicht ersetzt die Seite keinen Sprachkurs, doch bietet sie in jedem Fall eine einfache, kostenfreie und sogar spaßige Möglichkeit, einer Sprache näher zu kommen.
Lust bekommen?