Wer sich in den letzten Wochen auch nur mit einem halb geöffneten Auge durch das Internet bewegt hat, an dem dürfte eine bestimmte Buchstabenfolge kaum vorbeigegangen sein: DSGVO, die neue europäische Datenschutz-Grundverordnung ist derzeit in aller Munde, und sie löst einiges an Schrecken aus. Ein Gefühl, welches auch ich teile.
So, wie die Lage derzeit aussieht, wird diese neue Verordnung, welche am 25. Mai in Kraft treten wird, die Internetlandschaft ganz gehörig verändern. Und das leider nicht im positiven Sinne. Die neue Regelung stellt Blogger und Seitenbetreiber vor ganz erhebliche rechtliche und technische Herausforderungen und - noch viel schlimmer - beschränkt in ihrer derzeitigen Form ganz massiv die künstlerische Freiheit sowie auch die Pressefreiheit.
In den vergangenen zwei Jahren seit der Verabschiedung der Verordnung hatten die EU-Staaten Zeit, sie zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. In Ländern wie Schweden oder bei unseren Nachbarn in Österreich wurde diese Zeit auch genutzt und es wurden vertretbare Regelungen getroffen. In Deutschland jedoch passierte - und das anscheinend auch noch ganz bewusst - nichts. Weswegen die DSGVO hierzulande nun auch wie ein monströses Schreckgespenst vor der Türe steht.
Natürlich ist die Idee hinter der DSGVO, die Daten der Internetnutzer gegen Missbrauch zu schützen, keine schlechte. Nur leider weist die Umsetzung gravierende Lücken und Mängel auf, die die Verordnung in der Realität zu einer Gefahr für viele Menschen machen, die das Internet mit Blogs und Websites aktiv mitgestalten.
Ich spreche nun mal einfach von mir selbst. Mein kleiner Norrsken-Blog ist nun seit 2012 online. Ich habe viel Zeit in die Arbeit darin investiert und hänge doch sehr an ihm. Ein Großteil der Inhalte beschäftigt sich dabei mit den Veranstaltungen, die ich in der Zeit besucht habe. Konzerte, Festivals und Mittelaltermärkte beispielsweise. Auf vielen dieser Veranstaltungen habe ich Fotos gemacht und diese in meinen Beiträgen mit eingebunden. Niemand will schließlich seitenweise Fließtext ohne ein einziges Bild sehen, wenn er einen Veranstaltungsbericht anschaut. Doch das wird nun mit dem Inkrafttreten der DSGVO problematisch, denn die Anfertigung eines Bildes, auf dem Personen zu sehen sind, wird nun zu einer bloßen Datenerhebung erklärt, für die ich eine ausdrückliche Genehmigung eines jeden Abgelichteten benötige. Dies ist natürlich in der Realität kaum umsetzbar.
Nun befinde ich mich also in einer Zwickmühle. Es herrscht momentan allerorten Verwirrung und Unklarheit: Gilt die Verordnung auch rückwirkend für Fotos, die vorher angefertigt wurden? Was ist mit analogen Bildern, die bei der Aufnahme natürlich keine online verwertbaren Daten wie den Standort der Aufnahme speichern? Gibt es Ausnahmen von der Regelung? Bisher stimmte man bei den meisten Großveranstaltungen mit Betreten zu, dass man fotografiert werden konnte, doch diese Regelung scheint nun auch ungültig zu sein. Und stehen nun wieder einmal die Abmahnanwälte in den Startlöchern, um uns alle gewissenlos zu ruinieren?
Für die Konzertfotografie ist die DSGVO in ihrer aktuellen Form jedenfalls ein Desaster. Ausnahmeklauseln, auf die man sich berufen kann, scheint es nur für die institutionalisierte Presse zu geben - und die Konzertfotografie lebt nunmal von Leuten, die in ihrer Freizeit gerne fotografieren, nicht von Profis, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Ich jedenfalls bin verunsichert und etwas ratlos, wie es nach dem 25. Mai weitergehen wird, denn bei mir liegt die Sache nochmal ein kleines bisschen anders als bei den größeren Szeneportalen. Während diese sich möglicherweise zumindest auf ihre Akkreditierungen berufen können (wobei selbst das unklar scheint), habe ich gar nichts. Ich habe bisher einfach von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, zu Veranstaltungen, die ich besucht habe, meine Kamera mitzubringen und Fotos zu machen. Ich nutze aber auch ein kostenloses Blogangebot ohne eigene Domain, schalte keine Werbung und verdiene kein Geld mit meinem Blog. Was bedeutet die DSGVO nun also für mich und meine Arbeit? in wieweit betrifft sie mich? Habe ich überhaupt noch irgendwelche Rechte und Möglichkeiten, auch nur Bilder von öffentlichen Persönlichkeiten zu teilen oder kann man mich dafür nun bis in die Steinzeit verklagen? Ich bin absolut überfragt! Und Deutschland möchte die Sache nun einfach den Gerichten überlassen - na schönen Dank auch!
Es kann ja wohl nicht angehen, dass zwei Jahre einfach untätig ins Land ziehen konnten und alle, die außerhalb von institutionalisierten Medien Fotos im Internet veröffentlichen wollen sich nun in jahrelangen, zähen und teuren Rechtsstreits selber mit der Frage auseinandersetzen müssen, was sie in Zukunft noch dürfen und was nicht. Die Unsicherheit und das finanzielle Risiko werden viele zum Aufgeben bewegen und die Medienlandschaft im Internet um einige tolle Angebote ärmer machen. Bedroht dies nicht die Pressefreiheit? Und ist ein Foto im Zweifelsfall nicht mehr als eine Erhebung von Daten?
Noch ist es möglicherweise nicht ganz zu spät, und es formiert sich im Moment einiges an Widerstand im Internet. Die ganze Angelegenheit benötigt wirklich dringend größere Aufmerksamkeit. Darum bitte ich alle, denen etwas daran liegt, dass das Internet in diesem Land auch in Zukunft bunt und offen bleibt, sich einmal die Zeit zu nehmen, sich mit den Problemen der DSGVO auseinanderzusetzen und beispielsweise folgende Petition zu unterschreiben: